Nach meiner Zeit als König von Deutschland

kann ich mir vorstellen, mich hier her abzusetzen, um für meine Greueltaten an all den Blitzen in Deutschland nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dann ja. Ansonsten nein! Wir waren heute mit dem Bus am Pazifik. In den Städten Vina del Mar und Valparaiso. Ein ehrliches „Wow“ kommt mir einfach nicht über die Lippen. Ich meine, Das Klima hier ist angenehm/gemäßigt. Wenn man aus dem Zentraltal draußen ist, in dem Santiago liegt, dann hört auch der Smog auf. Westlich angehaucht ist das hier eh alles. … Aber deshalb ist es ja noch lange nicht schön. Das gilt auch für die beiden Städte am Pazifik:

Vina del Mar hat kilometer lange weiße Sandstrände. … Aber man darf quasie nie irgendwo baden (generell nicht!). Der Pazifik hat das mit dem Pazifissmus hier einfach noch nicht wirklich verstanden. Die Brandung ist krass und der Boden fällt im Meer relativ steil ab. => Sehr gefährlich. Und kalt obendrein. Im Sommer (und den haben wir hier gerade) schafft es der Pazifik maximal auf kuschelige 16 °C. Was für Finnen. Aber nix für mich.

Valparaiso ist der ehemalige Haupthafen für Santiago. Auch wenn inzwischen ein anderer Hafen bedeutender ist, so sucht man Starnd hier gänzlich vergebends. Ein Ort am Meer ohne Strand. Wer will so was? Unesco-Welt-Kulturerbe. Die haben (wenn ihr mich fragt) einen an der Klatsche! Jede Menge Schrägaufzüge aus der Ebene am Pazifik hoch auf die diversen Hügel. Gelten hier nicht als Touristen-Attraktion, sondern als öffentliches Verkehrsmittel. Ganz toll. Meine Begeisterung schlägt Purzelbäume. Und wenn dann diverse Grafitti-Künstler die alten Hütten bunt anmalen, dann ist das ein Weltkulturerbe.Ich hab in der Schulzeit meinen Tisch auch bunt angemalt, das ist immer noch kein Weltkulturerbe. Mansche Dinge muss man nicht verstehen.

Um es mal ganz deutlich zu sagen: Beide Städte sind viiiiiiiiiiiiel schöner als die Hauptstadt Santiago. Allein schon, weil man meistens irgend ein Foto machen kann, auf dem man auch das Meer sieht und das ist nunmal immer schöner als ne Stadt. Aber …naja, will ich nochmal in dieses Land? Nein! Nur wenn ich mal „fliehen“ muss (wie unser Erich), dann ist das vermutlich OK. … Naja gut, für alle Chile-Fans da draußen: Ich weiß, es soll hier wirklich tollen Rotwein geben. Auch die Weltgrößten Kupferminen (die größte im Tagebau ist ein Loch von 1,5 km Tiefe und 800 Ha Ausdehnug). Sowas zu gucken hätte vermutlich mehr Spaß gemacht und dann wären sicher auch OOOOhs und AAAAhs von mir gekommen. Auch die Osterinseln gehören zu Chile (Osterinseln … ich vermute das weiß jeder, ist die Insel, wo die Leute erst alle ihre Resourcen platt gemacht haben und sich dann selber gegessen haben). Vermutlich wäre auch das mal interessant gewesen, liegt andererseits aber viel zu weit im Meer um da mal nen Abstecher hin zu machen. Außerdem forsten die da inzwischen auch wieder auf. (Ich hätte noch ne alte Motorsäge, die könnte ich denen natürlich schicken, …)

Ich muss noch bis morgen Mittag hier aushalten (vermutlich Pool!). Dann gehts zum Flughafen und morgen Abend sind wir dann in Bounes Aires.

Mal sehen, ob in Argentinien dann am Abend noch was geht … erst mal hier weg. Das Land war überflüssig. Kamera und WLAN vertragen sich hier ja nicht, aber ich schau mal, ob ich zumindest auf dem Handy ein Bild finde, dass ich beisteuern kann …

Santiago

… bleibt für mich auch heute nach den vielen Infos der Stadtführung eine Betonwüste. Um nichts in der Welt würde ich in eine laute Stadt ziehen. Santiago ist absolut westlich. Der Kulturwandel zu den Ländern Peru und Bolivien wird heute noch klarer. Wenn ich zurück bin zeig ich euch einfach parallel die Bilder der zentralen Markthallen von Cusco in Peru und Santiago hier in Chile. Die Bilder parallel sagen vermutlich mehr als 1000 Worte.

In Santiago gibt es kaum noch herrenlose Straßenhunde, es ist eine saubere Stadt mit vielen neuen Hochhäusern und einem funktionierenden Straßenverkehr. – Ach, dass hab ich ja noch gar nicht erzählt. Der Bolivische Reiseleiter hat vorgestern übrigens (ungefragt) die Erklärung für den mir unbegreiflichen Straßenverkehr in Peru und Bolivien übers Mikro gequarkt, nachdem wir in La Paz mal wieder auf ner Kreuzung standen, bei der offenbar alle bei rot gefahren waren: „Gestern hatten alle Lamas, heute fahren alle Autos“. So dahergesagt dieser Satz klingt, dass ist tatsächlich die Erklärung! Ich saß in Cusco ja lange genug verständnislos am Straßenrand. Als der Typ das sagte, habe ich mich im Bus entspannt zurückgelehnt, mir das Bild von der Kreuzung in Cusco zurückgeholt und mir jeden Autofahrer als Typ mit nen Lama an der Hand vorgestellt. Und soll ich Euch was sagen: Das hätte dann wirklich funktioniert. Das hätte sogar ohne Chaos funktioniert. Natürlich kann ich bei rot mit nem Lama in ne Kreuzung einfahren. Denn mal ehrlich, bis ich mit dem lahmen Tier auf der anderen Seite bin, ist ganz sicher grün. Und natürlich fahre ich mit nen Lama auch dann, wenn die hübschen Politessen trillern. Zum einen will ich den Schönheiten mit meinem Lama ja auch auffallen und zum anderen wird mein Lama durch das getrillere ja auch ganz unruhig und ich muss schauen, dass ich so schnell es geht irgendwie weiter komme, bevor mein Tier ausbricht und abhaut. Und schließlich ist so ein Lama ja auch deutlich wendiger. Deshalb ist die Tatsache, dass andere Lamas die Kreuzung bereits hoffnungslos verstopfen natürlich kein Hinderungsgrund um mit meinem Lama nicht auch noch in die Kreuzung einzufahren. Irgendwie werde ich schon auf die andere Seite kommen. Notfalls soll sich ein querstehendes Lama halt ducken und ich steige drüber. Ihr könnt das jetzt glauben oder nicht, seit ich dieses Bild im Kopf habe, ist mir tatsächlich völlig klar, wie der Verkehr in Peru und in Bolivien funktioniert. Ich würde sogar noch weiter gehen und nun behaupten, dass auch ich jetzt in der Lage wäre in den Ländern ein Lama durch die Straßen zu steuern. Ich würde mir zwar nur ein Mietlama nehmen, bei dem alle Schäden inklusive wären, aber dann … warum eigentlich nicht. Mein Profilbild bei Google ist immerhin seit Jahren das Bild wo wir mit Eseln in Korsika unterwegs sind. Esel->Korsika, Lama->Peru. Das funktioniert!

Ich bin schon wieder total abgeschweift.

Zurück zu Santiago. Kurzfassung. Aus der Sicht eines Städtehassers wie mir klares Fazit: Keine Reise wert. Westlich. Laut. Wer sowas mag, soll sich sein Motorrad schnappen und im Sommer auf ein Eis nach Köln oder Limburg gurken. Da hat er auch nen Dom, den er pflichtbewusst besichtigen kann, aber zusätzlich zumindest auch noch ne tolle Mopedtour dahin. Die entschädigt dann zumindest teilweise für die Stadt.

Da lob ich mir die Tatsache, dass unser wirklich cooles Hotel ne Dachterrasse mit nen Pool hat.

Da war ich grade entspannt schwimmen. Morgen sind wir zwar auch noch in Chile, fahren mit dem Bus allerdings an den Pazifik. Raus aus dieser scheiß Stadt -> Alles wird gut!

Ein verlorener Tag

Wieder 5:00 aufstehen. 6:00 transfer zum Flughafen. Um 9:00 ging der Flieger nach …

Santiago de Chile

Durch den Zeitzonenwechsel wieder ne Stunde verloren. Ankommen, eichecken, kurze Infos vom Reiseleiter wo es schön ist und man hin gehen kann und dann am Abend in kleinen Gruppen auf Tour.

Wir sind erst auf einen kleinen (80 m hohen) Hügel mitten in der Stadt geklettert, von dem aus man einen (herrlichem) Blick über die Stadt …

Ist das kein trauriger Anblick? Noch eine Betonwüste, wie es sie millionenfach gibt. Was gibt man den Menschen, damit sie freiwillig hier leben? Oder anders: Kann man das Medikament, was man Städtern gibt, nicht auch einfach an Hühner verfüttern … und schon gehen die freiwillig zurück in ihre Käfige.

Dann ist unser Trüppchen (Monika, Anja, Andreas und ich) noch nach Bellavista was leckeres Essen.

OK, zugegeben. Bellavista ist wirklich ein Stadtviertel mit vielen netten Straßencafés und -Restaurants.

Ich mag Andreas, Monika und Anja. Manchmal spielt mir Gott halt einfach einen Streich. Dann mag ich erst jemanden und finde erst deutlich später heraus, dass er eigentlich ein Bulle ist. Vielleicht muss ich meine Abneigung auf diese Menschengruppe tatsächlich nochmal überdenken. Wenn ich alle Personen in meinem Bekanntenkreis durchgehe, die ich echt mag, die andererseits aber Polizisten sind, dann stellt das inzwischen einen erheblichen Anteil dar. Das ist ist echt Kacke. Es nimmt mir voll die Möglichkeit meinen Hass auf diese Menschengruppe zu fröhnen. Vielleicht sind ja doch nicht alle Bullen voller Willkür, rechthaberich und gewalttätig. Ich werde das irgendwann nochmal überdenken. Aber nicht jetzt. Ich bin schließlich im Urlaub und da soll man sich nicht unbedingt mit den schwierigsten Fragen des Lebens beschäftigen.

Wo war ich denn eigentlich?

Ach ja, bei Andreas. Der ist (abgesehen von seinem Beruf) eigentlich voll in Ordnung. Naja, jedenfalls sitzen wir, essen und klönen und schwups ist seine Kamaratasche samt Inhalt weg. Also inklusive aller Fotos von Machu Piccu und Titikakasee, … . Der Kellner ist dem Dieb noch nachgelaufen. Der hatte vor allen anderen kapiert, was gerade passiert war. Aber ohne Erfolg. Der Dieb ist in ein Auto gesprungen und weg war er. Das hat mir für Andreas megaleid getan. Das hat echt keiner verdient.

Betonwüste Santiago, Kameraklau – ich hake den Tag jetzt einfach als verloren Tag dieser Reise ab.

La Paz

Auschlafen! Das ist erst der zweite Tag dieser Reise, an dem wir erst um 7:00 aufstehen müssen.

Noch kurz in die Kirche und über den Markt von Puno und dann per Bus auf nach La Paz. Die höchst gelegene Großstadt der Welt.

Allein die Fährfahrt über den Titikakasee hat schon was. Bus und Personen müssen getrennt übergesetzt werden.

Der Nasse Boden ist nicht vom Regen …
Nach gemeinsamen Mittagessen und CheckIn (die Bude hier ist der Megaknaller) sind wir in Grüppchen in die Stadt aufgebrochen: La Paz hat etwas besonderes: Zum Zwecke des öffentlichen Nahverkehrs betreibt die Stadt ein Seilbahnnetz. Die Ösis haben denen das gebaut. Ausmaße könnt ihr Euch selber googeln. … Macht Laune!

Und was ich als Kabelaffe genau so genial finde:

Jürgen, kannst du mir mal grade helten, irgendwo ist hier am Masten ein klitzekleiner Fehler,…

Bolivien

… ist ein reiches Land – sagt zumindest unser einheimischer Reiseführer. Und in gewisser Weise hat er wohl auch recht: Bolivien ist riesengroß und hat kaum Einwohner. Es liegt klimatisch günstig. Man kann hier alles anbauen. Statistisch kommt man somit auf einen Bolivianer pro 10 ha (zum Vergleich: in De haben wir weit über 20 Personen pro 10Ha). Nahezu jedem Bolivianer gehört sein eigenes Land und sein Haus. Auch in der Stadt. Es gibt kaum Mietwohnungen. Die Gasrechnung einer Familie beträgt umgerechnet knapp 3 Euro im Monat. Bolivien ist reich an Gas und vor allem auch mineralischen Bodenschätzen.

Von dieser Seite betrachtet mag das mit dem Reichtum Boliviens ja auch stimmen. Ob es in der Realität wirklich so ist, kann ich noch schlecht beurteilen. Fakt ist wohl, dass jeder Bauer 8 ha Land als Eigentum von der Regierung bekommen hat und das quasi keiner Steuern zahlt (ca 25% der Bevölkerung – ausschließlich Städter – zahlen Steuern). Sozialismus.

Nicht weit von der Grenze zw. Peru und Bolivien liegt der Ort Cobacabana direkt am Titikakasee. Von dort aus sind wir verteilt auf 2 Sportboote (nein Torben, ich durfte nicht selbst fahren) zu einer Schiffstour auf die Sonnen- und dann die Mondinsel aufbegrochen. Der Legende nach, ist die Sonneninsel der Ursprung des Inkareiches. Details kommen irgendwann mal. Zwischendurch gab es ein „Picknick“ mit Blick über den See.

Ich häng einfach noch ein paar Bilder dran, denn es war wirklich toll.

Und das ist der Ausblick aus dem Hotelfenster:

Die Schwimmenden Inseln

Die Geschichte heute muss ich teilen

Früh am Morgen ging es los auf ein kleines Boot zu den schwimmenden Inseln auf dem Titikakasee vor Puno. Unser Reiseleiter heute ist ein peruanischer Bauer aus dem Andenhochland. Deutsch hat er autodidaktisch mit Hilfe von Kassetten gelernt. Er lebt noch nach den Sitten und Bräuchen seines Volkes und hat jede Menge erzählt. Aber dazu vielleicht später noch mehr. Erstmal zurück, zu den schwimmenden Inseln. Von denen gibt es ca 80 Stück.

Jede wird von einem Familienverbund von ca. 20-25 Personen bewohnt. Leben tun sie vom Fischfang. Aber es wird alles gegessen, was nicht auf der Hut ist. Enten, Fischreiher, bestimmte Schilfarten. Auch Kartoffeln lassen sich auf solch einer Schilfinsel anbauen. Ich poste ein Bild, wo man den Aufbau einer solchen Insel sieht. 

Das Modell hier zu erklären wird zu lang. 

Natürlich habe ich mir für zwei Dollar eine Fahrt auf dem Schiffchen hier gegönnt.

Viel spannender als über die Bauweise der Inseln zu berichten, oder zu erwähnen, dass das Schiffchen oben früher komplett aus Schilf war aber heutzutage seinen Auftrieb durch 1000 alte Colaflaschen erhält,  sind sicherlich die kulturellen Hintergründe der Bergbauern im Hochland: Auch wenn die Inkas eigentlich ihren Ursprug hier am Titikakasee haben, so ist dieses Volk der Hochanden (die Aymara) stolz auf seine eigene Sprache und noch viel ältere Kultur: Im Grunde haben sie viel weniger Götter als die Inkas. Nur drei Stück: Sonne, Mond und Muttererde. Hinzu kommt die Verehrung der Eltern. Die sind quasi Heilige, denn ohne die Eltern gibt es kein Leben. Deshalb hat der Familienverbund hier eine ganz andere Bedeutung: Alle leben zusammen und schlafen zusammen. Die Kinder bei ihren Eltern. Bis 6 Jahre werden die Kinder gestillt. Mädchen im Alter um die 15 Jahre werden verheiratet. Die Jungs sind dann ca. 2 Jahre älter. Frauen tragen wegen der Kälte im Winter (-20 °C) oft 6 Röcke übereinander, aber immer noch keine Unterhose und oft auch keine Schuhe. Und wenn doch, dann Sandalen aus alten Autoreifen – „Pirellisanalen“. Die Männer haben 3 und mehr Hosen übereinander an. Die Arbeitsteilung ist einfach: Die Frau übernimmt das arbeiten und Kochen und auch das zum Markt gehen. Die Männer übernehmen das Denken. Eine Familie muss möglichst 8 Kinder bekommen. Vier zum Leben und vier zum Sterben. Diese Denkweise ist für die Peruaner im Hochland keine “ Bürde“, dass ist ganz normale Familienplanung. Sterben gehört zum Leben dazu. Ist Bestandteil des Altags. Aymaren sind allerdigs nie krank. Entweder Gesund oder Tod. Wenn jemand doch kränkelt, so wird der eigene Urin getrunken um zu genesen. Dieser wird von den Frauen auch zur Haut- /Gesichtspflege verwendet. Beerdigt werden Mama und Papa im Hof. Wenn dann die Eltern nicht zu Hause sind und die Kinder auf dem Feld beim Vieh (Kinderarbeit ist in Peru und Bolivien erlaubt!), dann passen zumindest die Verstorbenen auf das Haus auf.

Es gibt noch viel mehr zu erzählen. Aber ich will auch noch ein wenig von der zweiten Tageshälfte erzählen. Denn nach knapp zwei Stunden Bussfahrt erreichten wir um kurz nach 10 …

Brot und Spiele

Der Satz stammt von einem Mitreisendem. Wir sind gerade in Puno angekommen und sind sofort Teil eines riesigen Umzugs geworden. Die Stadt tobt. Hier geht mit Spielmannszügen und Tanz-Brigarden gerade die Post ab. Ich bin jetzt zurück ins Zimmer (denn auch morgen heißt es wieder um 4 Uhr aufstehen) aber versuchen zu Schlafen macht wahrscheinlich noch gar keinen Sinn.

Die Stadt feiert und die Spielmannszüge sind hier auf dem Zimmer in etwa so laut wie auf der Straße. Die Peruaner zelebrieren gerade „das Fest zu Ehren der Jungfrau Maria Candelaria“.

Das ist wie Karnevall ohne verkleiden. Bei manschen Tanzbrigarden ist es sogar eher wie Karnevall mit entkleiden. … Nett. … Mal abgesehen vom Anlass geht es den Peruanern nur ums feiern. Und das können die! Und da gerade Samstagabend ist, wahrscheinlich die ganze Nacht.

Das ist die eine Seite.

Die andere Seite haben wir heute auch gesehen. Ich fang besser vorne an:

Wir sind heute morgen mit dem Bus von Cusco aufgebrochen. Etwa. 400 km durch die Anden hier nach Puno am Titikakasee. Cusco lag ja auf etwa 3500 m höhe. Puno liegt auf 3800. Der höchste Pass auf dem Weg lag sogar bei 4335. Warum erzähle ich das. Einfach weil die Höhe echt gegenwärtig ist. Die spürst Du körperlich. Bei jedem äußert sich das etwas anders. Viele Mädels haben Kopfweh, Fast alle sind sofort außer Atem (ich auch) und einen unsrer rüstigen Rentner hat es beim Gang zum Mittagsbuffet sogar zerrissen (Kreislauf weg, vornrüber gefallen, Platzwunde, musste genäht werden).

Aber die eigentliche Geschichte heute, dass ist nicht unser verunglückte Rentner, auch nicht die gigantisch tolle Anden-Landschaft, die man durchfährt. Es sind auch nicht die 1000 und mehr Straßenhunde (weder die Lebenden, noch die Überfahrenen, deren Kadaver noch auf der Schnellstraße liegen). Es ist auch nicht die reiche und gleichzeitig total verlotterte und vermüllte Schwarzmarthandelstadt Juliaca, die vom illegalen Handeln mit Bolivien lebt und von dort insbesondere die Plagiate aller bekannten Marken über die Grenze nach Peru schmuggelt und dann weiter verkauft.

Die Geschichte von heute, dass ist die Geschichte von arm und reich. Auf der Fahrt hierher haben wir (ist ja klar bei 400 km) ein paar mal angehalten. Wir haben in einem kleinen, armen Dorf nochmals eine Kirche besichtigt. In einer anderen Siedlung nochmals eine kaputte Inkastadt und sind natürlich an hunderten von kleinen Dörfern bzw einzelnen Hütten vorbeigefahren. Welch eine Armut. Und daneben die Kirchen, erbaut auf den Tempeln der Inkas. Welch ein Reichtum. Gold wohin man nur sieht. Das Volk hier in Peru hat eigentich immer schon das gleiche Los gehabt. Erst unter den Inkas. (Der Inka ist das, was bei uns der König ist – davonn gab es insgesammt im Rahmen der Thronfolge „nur“ 14 Stück. Der Sitz des Inkas hat gewechselt. Es war zeitweise Cusco, aber auch Orte, die heute in Chile, Bolivien und sogar Argentinien liegen. Wie ein König, so hatten die Inkas ein Volk. Eben das Volk der Inkas. Aber dieses Volk ist damit ja selnst kein Inka.)

Das Volk der Inkas musste für diese arbeiten. Ein drittel allen Ertrages gehörte dem Inka, ein weiteres Drittel den Hohenpriestern im Inkreich und das letzte drittel, dass durften sie dann behalten. Dann kamen die Spanier und damit die katholische Kirche. Das Los der Bevölkerung Perus blieb dabei gleich: Wohlstand der Kirche, kampf ums überleben zu Hause. Aber dafür hat man dann halt pompöse Feste zu ehren der Jungfrau Maria und anderen … Brot und Spiele eben.


Auszeit

Ich hatte zu Hause ja Angst, dass mir an den Tagen ohne festes Programm langweilig wird. Nein. Ich brauch heute die Auszeit. Und nicht nur ich. Wir hatten heute die Möglichkeit einen optionalen Ausflug nach Pisac mit zu machen. Da muss der größte, schönste, bunteste Bauernmarkt sein. Noch ne Inkafestung in Ollantaytambo anzuschauen und nen Bauernhof zu besuchen, wo Wolle aus Lamafell gesponnen wird. Klingt doch eigentlich alles interessant. Aber es geht nicht. Kein einziger der ganzen Truppe kann bzw. will das noch. Die Erzähltante hat uns in den letzten Tagen echt platt gemacht. Einen Zentralmarkt gibt es hier in Cusco auch und da kriegt man auch alles: Vom gegrillten Mehrschweinchen am Spieß (mit Kopf natürlich) – ja Olli, die essen die Teile hier, die Du jahrelang gefüttert hast. Über Lamafellpullis, Decken, jeder Menge Essen von dem ich froh bin, dass ich nicht weiß was es ist, wenn ich vorbei laufe. Und natürlich inzwischen auch typisch peruanischen Produkten wie Selfiesticks und Selfiesticks und Selfiesticks. Peru ist definitiv im Mainstream Tourismus angekommen. Naja, vermutlich noch nicht ganz. In der Markthalle schauen einen von klapptischen immer noch Innereien und ganze Schweineköpfe an, die Besucher sind zumindest noch zu 50% Einheimische – und mir wird von dem Gestank da drin nach 5 Minuten so schlecht, dass ich da raus muss. Das urtümliche Peru ist also wohl doch noch nicht verloren.

Es sind 10 Uhr, ich sitze auf ner Bank im Park, mit dem Tolino, den mir die Thalia-Weihnachtseier dankenswerter Weise ja gesponsert hat, und frag mich ob es richtig ist so zu gammeln, oder ob ich nicht doch noch in ein Museum muss oder zumindest noch die Stadt ablaufen (in diesem Fall: gehen! – Cusco ist definitiv zu hoch zum laufen. Macht auch keiner. Hier ist alles sehr, sehr entspannt …- bis auf den Verkehr.)
Aber es sind glaube ich auch andere „Kleinigkeiten“ die man einfach mal wirken lassen muss. … Nein, ihr versteht mich völlig falsch: Natürlich wirkt der Pisco Sour noch nach. Gestern Abend war Happy Hour im Hotel: two for one (means four for two, six for …) Geiles Zeug. Aber das mein ich nicht mit nachwirken. Ich mein andere Kleinigkeiten: Zum Beispiel die Trillerpfeifen-Politessen. Die stehen meistens sogar in Rudeln auf der Kreuzung rum (quasi pro Straße eine) und wenn ihr mich fragt, dann sind deren gepfiffene Anweisungen total widersprüchlich. Und zu der Ampel da drüber passt das auch nicht. Aber die Autos ignorieren das ja eh und regeln das untereinander mit gehupe und noch mehr gehupe.Komisches System. Vielleicht stellen die Peruaner auch einfach Frauen auf Kreuzungen die irgendwie übrig sind und weg müssen. Wobei die Poliessen teilweise echt hübsch sind.  … Den Frauenüberschuss durch „überfahren lassen“ abzubauen ist meines Erachtens echt nicht die beste Lösung. Egal wie lange ich da zuschaue, das Verkehrskonzept erschließt sich mir nicht.

Ich meine auch Kleinigkeiten, wie die vielen, vielen Straßenhunde, die hier überall friedlich streunern oder an allen möglichen und unmöglichen Stellen auf der Straße in der Sonne schlafen. Megaentspannt. Ich hab schon mehr gefunden, die ich mit nach Hause nehmen würde, wie in nen Flieger passen. Das ist echt gemein, dass hier so viele tolle Hunde rumstreunern. Ich glaube ich hab inzwischen mehr Hundebilder auf der Kamara, als Machu Picchu Bilder.

So, mich fressen die Mücken. Ich mach besser doch mal noch irgendwas. Das Inka-Museum soll echt gut sein und vielleicht noch ein Gang durchs Künstlerviertel. Keine Ahnung. Morgen geht es dann eh wieder ganz, ganz früh los. Den ganzen Tag im Bus durch Peru … Morgen Abend sind wir dann am Titikakasee. Ich denke die nächsten Bilder kommen somit von da.
Noch ein kleiner Nachtrag, einfach weil’s lustig war: Ich bin eben in so ne Prozession rein geraden. Ungewollt natürlich. War aber total interessant, weil es total bunt und lebhaft war. Tänzer mit Masken, Blaskapellen, Jugendliche die ein Tischgestell voran schleppen (aber halt nicht andächtig, sondern total chaotisch) und mittendrin dann bestimmt fast 30 junge Peruaner die eine Senfte durch die Straßen schaukeln. Betonung auf schaukeln.Wenn der Typ da drauf nicht festgeschraubt aus Holz wäre, sondern aus Fleisch und Blut, hätte es den alle drei Meter abgekippt. Blumen aus den Fenstern von oben, ständig wurden Knaller abgeschlossen. Das war ne Prozession mal ganz anders. Halt nicht so förmlich mit Priester vorneweg wie man das bei uns schon mal sieht. Jetzt wo ich drüber nachdenke: Ich hab gar keinen in ner Priesterkutte gesehehn. Nur viele junge Menschen, die den Antonius da durch die Stadt geschleppt haben. Irgendwie cool. Ach und auf jeder Kreuzung wurde dann das Tischgesgtell abgestellt und die Semfte mit dem Antonius mal für 5 Minuten abgesetzt. Sehr zum Missfallen der Autofahrer, die da eigentlich durch wollten. Blasmusik von Antonius und Hupkonzert der Autofahrer. Das hatte was.